Geschichte des Piercings

Seit Anbeginn der Menschheit scheint es archäologischen Funden nach Bräuche der Perforierung eines Organs gegeben zu haben. So sind Steinpflöcke aus der Urzeit im Tschad entdeckt worden, von den Pharaonen 3000 Jahre vor unserer Zeit wurde zahlreicher kostbarer Ohrschmuck zu Tage gefördert oder prachtvoller Nasenschmuck, Vermächtnisse präkolumbianischer Zivilisationen sind heute im Goldmuseum von Bogotá zu bewundern. In der historischen Bildhauerei wie auch Malerei ist das hohe Alter und die weltweite Streuung dieser Bräuche bekundet.

Die riesigen Statuen der Osterinseln zeigen die Verlängerung der Ohrläppchen und ägyptische Malereien stellen Nubier mit Ringen durch die gesamte Ohrmuschel dar. Hinter allen Arten der körperlichen Gestaltung verbergen sich eine Fülle verschiedener Deutungsmöglichkeiten.

Seinen Ursprung findet dieses in einer magischen oder mystischen Absicht, das Kundtun seines Glaubens an eine höhere Instanz, die Allgegenwärtigkeit übernatürlicher Kräfte in der Natur. Die Formen variieren nach Kulturen, Epochen und Orten. So kann das Durchstechen eines Organs ein Ritual der verschiedenen Lebensabschnitte, ein Symbol für Reichtum, Sippenzugehörigkeit sein oder es wird damit die opferbereite Unterwerfung gegenüber den Göttern bekundet, wie z.B. das durchbohren der Zunge bei den Mayas oder wie heute noch praktiziert, das rituelle Durchlöchern der Wangen in Indien und Indonesien. Matrosen schmückten sich beispielsweise nach jeder Reise durch den Äquator mit einem zusätzlichen Ohrring.

Auf ähnliche Weise wie das Tattoo ist das Piercing in unserer westlichen Welt während der siebziger Jahre durch Menschen, die mehr oder weniger zu Randgruppen zählten, verbreitet worden. Das Piercing war oft eine Ausdrucksform des Rebellischen, eine Ablehnung der herrschenden Werte, eine Möglichkeit, die Gesellschaft zu provozieren. Dies blieb bekannterweise nicht so. Auf beeindruckende Weise begann das Piercing in den achtziger Jahren eine Anerkennung in breiten Schichten der Gesellschaft, die in den Neunzigern ihren Höhepunkt erreichte. Mit ausschlaggebend war sicherlich die starke Verbreitung in und durch die Medien. Musiker, die populär geworden sind und ihren Körper mit Piercings schmückten sorgten z.B. mit dafür, dass ihre Fans ihnen nacheiferten und sich ebenfalls piercten.

Mittlerweile hat sich diese Art des Körperschmuckes bis heute zur ästhetischen Bereicherung etabliert, die von allen Schichten der Bevölkerung genützt wird. So finden sich unter Notaren, Rechtsanwälten und Finanzleuten ebenso Piercing-Träger wie unter modebewussten Jugendlichen oder Künstlern. Begründet wird diese Entwicklung mit dem starken erotischen Aspekt, der heute die Gründe für ein Piercing dominiert: Es sieht sexy aus, es fühlt sich sexy an, es drückt aus, dass man sexuell aktiv ist oder sein möchte, dass man experimentierfreudig ist.

Piercings